Antike und Globalisierung
Die Antike als Vorbild für heutige Herausforderungen
Wieder einmal war Prof. Erler vom Institut für Klassische Philologie der Universität Würzburg zu Gast am Wirsberg-Gymnasium. Eingeladen in einen Lateinkurs der 11. Jahrgangsstufe knüpfte er an den gerade behandelten Stoff an und referierte – ausgehend von Horaz – darüber, wie sich die römische Gesellschaft die Philosophie der Griechen aneignete. Insbesondere der Epikureismus („Carpe diem!“) stand – zumindest auf den ersten Blick – dem römischen Denken entgegen. War doch das negotium, das Engagement für Staat und Gesellschaft, ein zentraler Bestandteil des römischen Lebens. Doch lebten die Epikureer wirklich im Verborgenen, waren sie Egoisten? Wohl nicht: Im otium, das beispielsweise Horaz auf seinem Landgut genoss, kümmerten sie sich um sich selbst, um dann aber – im Zustand des vernünftigen Überlegens – für das Allgemeinwohl zu sorgen. Ein durchaus interessanter Gedanke: Bei zunächst egoistischer Motivation war altruistisches Handeln das Ergebnis. Wie sonst hätte ein Epikureer seine innere Ruhe sichern können, wenn er nicht auch für ein harmonisches Umfeld gesorgt hätte?
Anhand der Satire I,4 des Horaz erarbeitete Prof. Erler im Anschluss die Bedeutung der mores maiorum, der Sitten der Vorfahren, in ihrem Verhältnis zur Philosophie. Die überlieferten Gesellschaftsregeln waren der erste und wichtigste Orientierungspunkt für einen Römer. Um diese zu wahren, lehnten Hardliner wie der alte Cato die Philosophie der Griechen kategorisch ab. Horaz dagegen zeigte sich offen für deren Ideen. Ihm half die Philosophie zu reflektieren, was die mores für eine Bedeutung hatten. So konnte der Dichter vom Aufeinandertreffen der beiden Kulturen profitieren: Durch dem Umgang mit fremdem Kulturgut wurden ihm eigene Werte verständlicher.
Die beiden entwickelten Gedanken übertrug Prof. Erler mit den Schülern in die Gegenwart: Wie verhalten sich heute Egoismus und Altruismus zueinander? Ist beides nicht häufiger miteinander verschränkt als man zugeben möchte? Und: Kann nicht Horazens Umgang mit der ursprünglich einer anderen Kultur zugehörigen Philosophie uns im Zeitalter der Globalisierung ermuntern, Fremdes zu reflektieren und in Eigenes zu integrieren? Kann nicht gerade dadurch die Globalisierung eine große Chance für unser Leben sein?
Dass Prof. Erlers Erörterungen die SchülerInnen des Kurses beeindruckt haben, zeigte die rege und lange Diskussion am Ende der Ausführungen. Kaum hatte der Referent uns verlassen, stand es für den Kurs fest: Nächstes Jahr könnten wir ihn wieder einladen …
B.S.