Jonathan Bauer als Sieger im Landeswettbewerb Alte Sprachen

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Herzlichen Glückwunsch. Du hast es geschafft, bei dem Wettbewerb der 1000 besten Lateinschüler der Oberstufe in Bayern einer der drei Sieger zu sein. Erzähle uns bitte einmal, wie der Wettbewerb abgelaufen ist.

Die erste Runde bestand aus einer Klausur mit kreativen Zusatzfragen. Auch in der zweiten Runde wurde eine Klausur gestellt. Hier waren aber die Zusatzfragen deutlich umfangreicher und kniffliger. So sollte ich beispielsweise aus den „Tristien“ Ovids übersetzen. Anschließend sollte ich die Gedanken Ovids in Form eines fiktiven Briefes Ovids an Augustus darstellen. In der dritten Runde wurde ich schließlich zu einem Kolloquium nach Mündchen eingeladen. Dort war die Situation recht erschlagend, denn in einem kleinen Konferenzraum saß ich einem Prüfungskomitee von 10 Prüfern gegenüber. Ich bekam vorab einen langen Text von Seneca mit 150 Wörtern, auf den ich mich 20 Minuten vorbereiten konnte. Die Vorbereitung verlief allerdings etwas skurril. Ich wurde in einem kleinen Raum abgestellt. Eine Aufsichtsperson war zugegen, die ein Leberkäs-Brötchen aß. Ich habe den Geruch noch immer in der Nase. Anschließend wurde ich dann in die „Höhle der Löwen“ geholt; alle zwanzig Augen begleiteten mich durch die Tür. Dort „führte mich“ eine Prüferin durch den Text. Ich musste übersetzen und Zwischenfragen aller Prüfer beantworten, wobei sich die Fragen immer weiter vom Text wegbewegten. So wurde ich beispielsweise nach der etymologischen Herleitung des italienischen Wortes „meta“ gefragt. Oder ich sollte erklären, warum sich der Vesuv-Ausbruch entgegen der allgemeinen Meinung nicht im Sommer ereignet hat. Hier konnte ich nur schlussfolgern und ich versuchte über den Festkalender zu argumentieren, also dass man bestimmte Kultgegenstände hätte finden können. Der Prüfer erwartete sich eigentlich die banale Antwort, dass bestimmte saisonale Obstsorten gefunden oder nicht gefunden wurden. Aber wahrscheinlich kam es ihm gar nicht so sehr auf die Antwort selbst an als auf die Art und Weise, wie ich mich geschlagen habe.

 

Wie hast du dich auf die Prüfung vorbereitet?

Ganz ehrlich: Meine Vorbereitung war eher spärlich. Vor der zweiten Runde habe ich immerhin einen Abitrainer für einen groben Überblick durchgearbeitet. Vor der dritten Runde habe ich gar nicht gewusst, was mich erwartet, weil ich auch keine Erfahrungsberichte im Internet finden konnte.

 

Gab es nach der Prüfung eine unmittelbare Rückmeldung?

Nein, gar nicht. Ich bekam eine Tasche mit Büchern mit und hatte immerhin selbst das Gefühl, dass es nicht schlecht gelaufen ist. Vier Wochen später kam dann ein Brief vom Kultusminister.

Du bist ein Schüler an einem Humanistischen Gymnasium, der ganz dem Ideal Humboldts entspricht: Du hast Griechisch und Latein gelernt, bis musikalisch (Klavier, Cello, Percussion) und zeigst Dich offen für Religion (Teilnahme am Pilgern). Findest Du auch Zeit für Sport (mens sana in corpore sano)?

Ja, ich trainiere zweimal in der Woche Badminton. 

Sicherlich wirkt Deine Sprachenwahl etwas exotisch. Hast Du das Gefühl, in der Schule etwas versäumt zu haben?

Nein! Ich bin der Meinung, dass ich weitere Sprachen z.B. für einen Auslandsaufenthalt in relativ kurzer Zeit nachlernen kann. Ich habe es nie bereut, Griechisch gewählt zu haben. In den Fächern Latein und Griechisch habe ich „meine Heimat“ gefunden. Ich mag die unvoreingenommene Herangehensweise an Texte. Es wird nicht immer eine Lösung erwartet. Aber man nimmt viel durch die Gegenwart mit. Es ist eine enorme Bereicherung für den Horizont.

Gibt es einen Lieblingsautor für Dich?

Wahrscheinlich Vergil. Durch mein Schnupperstudium hatte ich mit ihm wohl am meisten zu tun. Aber was seine Aeneis besonders reizvoll macht: Sie hat immer einen doppelten Boden. Außerdem ist die Aeneis durch das Vorbild Homer eine Brücke zwischen Griechisch und Latein.

Und wer wäre für dich ein Held der Lateinlektüre?

In der Aeneis am ehesten Pallas mit seinem jugendlichen Leichtsinn, der sich aber trotzdem für Aeneas einsetzt.

Ist er dir also etwas ähnlich?

Ja, vielleicht.

Wie hast Du die Entscheidung getroffen, den Humanistischen Zweig am Wirsberg-Gymnasium zu besuchen?

Ich bin einfach in die Fußstapfen meiner Schwester getreten. Sie war gut in Latein. Dann habe ich mich auch dafür entschieden. Das klingt vielleicht etwas unromantisch, weil die Entscheidung eher von außen kam. Aber ich denke gerne auch pragmatisch.

Deine Schwester studiert Klassische Philologie. Möchtest Du ihr auch darin folgen?

Nein, eher nicht. Ich trage mich mit dem Gedanken, Medizin zu studieren. Zunächst möchte ich aber ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren, da ich noch so jung bin (16 – Anmerkung der Lehrer) und etwas Neues kennenlernen will.

Wie könntest Du einem Grundschüler die Wahl des Faches Latein schmackhaft machen?

Mit einem Besuch des Römertages.   

Und was würdest Du den Eltern sagen?

Dass viel Glanz unter dem Verstaubten verborgen ist. Man soll sich nicht abschrecken lassen durch Vorurteile, aber andererseits kann man natürlich auch niemanden zwingen, Latein toll zu finden.

Was glänzt denn für Dich in den Alten Sprachen?

Ich bin sehr an Geschichte interessiert. Außerdem glaube ich, dass der Horizont weiter ist als in den Naturwissenschaften. Natürlich unterscheidet sich auch die Herangehensweise. Wenn ich – wie in den Naturwissenschaften – immer nach logischen Gründen suche, kann das zu einer Art von Verkrampfung führen. Aber es muss ja nicht alles erklärt werden. An der Beschäftigung mit den Alten Sprachen gefällt mir die Fähigkeit, sich damit zufrieden zu geben, nicht alles erklären zu können, also das, was wir bei Platon Aporie nennen. Nicht jede Frage erwartet eine lösbare Antwort, ja oft ist die Frage eigentlich wichtiger als die Antwort.

 

Viele Inhalte in Latein und Griechisch sind sehr ähnlich. Hattest du durch deine Sprachenwahl nicht das Gefühl der Doppelung?

Nein, das Gefühl hatte ich nie. Es war eher eine Symbiose, weil alles aufeinander aufbaut. Oder man kann es auch mit der Musik vergleichen. Wenn ich auf dem Cello eine Etüde übe, dann kann ich die Griffe und Tonfolgen vielleicht später in einem Konzert, das ich spielen soll,  wieder finden und gut gebrauchen. Dass ich so ein großes Gewicht auf die Alten Sprachen gelegt habe, habe ich nie bereut. Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber, um der zu sein, der ich sein will, brauche ich die Beschäftigung mit den Alten Sprachen.

Kannst Du uns, deinen alten Latein- und Griechisch- Lehrern, abschließend einen Rat geben?

Hmm, das ist schwer. Vielleicht am ehesten, dass es schön wäre, wenn es gelänge, die Texte immer auch in einen größeren Kontext zu stellen, also auch die politischen Hintergründe zu beleuchten. Ich weiß aber, dass das nicht einfach ist, weil oft die Zeit dazu fehlt…

Vielen Dank, lieber Jonathan, für das Interview und alles Gute für deine Zukunft!

Josef Amon, Christoph Beck, Eberhard Hamann, Siegfried Hutzel

 

 

 

 

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