Carpe diem

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„Carpe diem“ – oft gebraucht und gerne missverstanden

 

In der Oberstufe steht im Lateinunterricht das Thema "Philosophie" an, weshalb Frau Schaible zum Halbjahr Herrn Professor Erler, einen renommierten Würzburger Altphilologen, zu uns einlud, damit er uns etwas über eines seiner Fachgebiete, den Epikureismus, vermitteln konnte.

 

Er begann seinen Vortrag mit einem wichtigen Thema der heutigen Zeit, der Globalisierung, und führte mit uns eine interessante Diskussion über die immer größer werdenden Schwierigkeiten mit der Fülle an Einflüssen von außen umzugehen. Doch was hat diese aktuelle Problematik mit den Problemen der Menschen in der Antike zu tun? Auch diese standen vor ähnlichen Schwierigkeiten: Nach der Zerstörung der Polis wussten die Griechen in der unübersichtlich gewordenen Welt nicht mehr, was sie tun sollten. So kam es, dass sie versuchten, sich durch Philosophie auf die wesentlichen Dinge des Lebens zu besinnen. Es gab viele verschiedene philosophische Richtungen, von denen die wichtigsten Vertreter auf Raffaels Gemälde "Schule von Athen" zu sehen sind - so auch Epikur. Seine Lehre hatte den Grundsatz, den Horaz später in die Worte fasste: "carpe diem". Das heißt, dass man sich mit Dingen beschäftigen soll, die einem Freude machen und „Lust“ bereiten, jedoch stets mit nüchternem Kalkül und dem Blick auch auf die Folgen des Verhaltens. Da Letzteres häufig vergessen wird, kam und kommt es auch heute noch oft zu Missverständnissen, und damit zu Verwechslungen von Epikureismus und reinem Hedonismus. In dieser philosophischen Richtung geht es nämlich darum, dass man sich allen Lüsten und Vergnügungen einfach hingibt. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Epikur wollte! Dieses Missverständnis ist schön zu sehen in Petrons Werk "Satyricon", bei dem der Autor u.a. das Gastmahl eines neureichen Mannes namens Trimalchio mit ausschweifenden Tafelgenüssen schildert – mit zahlreichen Anspielungen auf missverstandenes philosophisches Gedankengut.

 

Vielen Dank, Herr Professor Erler, dass Sie auf so interessante Weise eine Brücke geschlagen haben zwischen der philosophischen Thematik des ersten Halbjahres und der eher amüsanten Lektüre des zweiten Semesters! Gerne sehen wir Sie einmal wieder!

 

Lorenz, Q11

 



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